Mittwoch, 17. Februar 2010

Diashow zum Jakobsweg


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Montag, 28. Dezember 2009

Impressionen vom Camino

von S.J.P.d.P nach Santiago de Compostela komprimiert auf etwas über 7 Minuten.

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Jakobsweg - 2008 mit Zelt, Rucksack und Pilgerstab

Samstag, 17. Januar 2009

Alle Wege führen nach Santiago (Karte)

Sonntag, 21. Dezember 2008

33. Tag - Heimreise

28.06.08

Um 06:00 Uhr stehe ich auf.
Eine kurze Nacht, da Arlette und ich erst gegen 01:30 Uhr zurück in unserer „Pension“ waren. Aber nach dem netten letzten Abend, bei Wein und Seafood, reichten mir vier Stunden Schlaf völlig aus.

Ich pilgere einmal noch zum Busbahnhof, um mit anderen Pilgern zum Flughafen zu fahren.
Hier treffe ich zu meiner großen Überraschung Peter wieder. Peter, mit dem ich doch den Camino begonnen habe, der losgestartet ist, wie die Feuerwehr. Nach Roncesvalles haben wir uns jedoch nicht wieder gesehen. Er fährt allerdings nicht zum Flughafen, sondern hat eine Verabredung.

Müde, aber meist glückliche Pilger warten am Flughafen auf ihre Flieger. Ich trinke noch einen letzten Café con Leche und checke um 09:00 Uhr für meinen Flug nach Frankfurt-Hahn ein.

Und dann sitze im Flieger neben Waldemar, der gerne noch länger, oder auch ganz in Santiago geblieben wäre. Aber auch er muss zurück in die Heimat und mit seinem Studium beginnen.
Die große Freiheit gibt es meistens nur auf Zeit. So ist das nun mal in unserer heutigen Leben.
Nur wenigen gelingt es, sich unseren gesellschaftlichen Zwängen gänzlich oder teilweise zu entziehen.

Und so endet meine Pilgerreise ans „Ende der Welt“.

32. Tag Santiago





27.06.08

Nach dem Frühstück begebe ich mich in die Altstadt zum Sightseeing. Und natürlich führt mich mein Weg auch immer wieder zur Kathedrale, um ankommende Pilger zu sehen.

Den restlichen Tag verbringe ich ruhend auf meinem Bett, bummelnd durch die Stadt und ganz entspannt sitzend auf den zahlreichen Plätzen der Stadt.

Die Messe in der Kathedrale finde ich dann nun nicht so berauschend und am Grab des Apostels gehe ich auch nicht vorbei (zu viele Menschen).

Arlette kommt heute wieder mit dem Bus zurück nach Santiago. Ich besorge ihr ein Zimmer und verauslage 25 € für ihre Übernachtung, damit ich den Schlüssel erhalte. Arlette kommt ja erst um 22:00 Uhr an und wir haben uns für diese Zeit an einem nahen Brunnen verabredet.

Ich treffe Arlette und gebe ihr den Zimmerschlüssel. Es ist spät geworden.


31. Tag - Kap Finisterre






26.06.08

Um 07:45 Uhr wecke ich Arlette. Wir frühstücken zusammen in der kleinen Küche und machen uns auf den Weg zum Busbahnhof. Sie mit vollem Gepäck, ich nur mit dem Nötigsten.

Wir fahren mit dem Bus bis Cée und wandern den Rest des Weges zu Fuß.

Ich blicke vom Kap Finisterre hinaus zum „Ende der Welt“ und stelle fest, dass ich eine gute Zeit hatte in den letzten fünf Wochen.


Freitag, 19. Dezember 2008

1. - 30. Tag Tag Anreise nach St. Jean Pied de Port - Santiago

26.05.08 / 27.05.08 Anreise St. Jean Pied de Port
Die Anreise nach St. Jean Pied de Port erfolgt von Bremen per Bahn nach Mainz und von dort aus mit einem Transferbus zum Flughafen Frankfurt-Hahn. Von hier aus habe ich dann einen Flug mit Ryanair nach Biarritz gebucht. Ist jetzt leider nicht mehr möglich, da die Strecke ab Deutschland nicht mehr bedient wird.
Kosten: Bahn 41,00 € (mit Bahncard 50)
Bustransfer 11,00 €
Flug 35,00 €
Die Bahnfahrt nach Mainz ist über Nacht nicht so spaßig, da ich mit dem Schlafen in Verkehrsmitteln immer so meine Sorgen habe. Bin also nicht ganz taufrisch, als ich um 06:30 Uhr, in Mainz ankomme. Im Anschluss erreiche ich locker den Transferbus nach Frankfurt-Hahn erreicht.
Der Rucksack lastet mächtig schwer auf meinen Schultern. Ich befürchte Beschwerden in Nacken- und Schulterbereich. Er wiegt aktuell 12,6 kg. Na, mal abwarten.
So sitze ich bereits um 08:00 Uhr am Airport rum, trinke Kaffee und habe Kopfschmerzen.
Täglich gehen hier so etwa 4 Flieger die Stunde ab und es ist eine Menge Publikumsverkehr. Auf der Terrasse vom Schnellrestaurant ruhe ich mich noch ein wenig aus und treffe schon mal den ersten Pilger, der auch in S.J.P.d.P. in den Camino Francés einsteigen will. Kurze Begrüßung – man sieht sich. Oder auch nicht. 2 Tassen Milchkaffee, ein Sandwich und 2 Selbstgedrehte. Ich bin total entspannt und stressfrei (habe ja Zeit). Bei der Abfertigung stelle ich fest, dass der Kollege von der Terrasse und ich bei weitem nicht die einzigen Reisenden mit Rücksackgepäck sind. Der Flieger ist voll und ich schätze, dass ca. 40 – 50 % der Reisegäste ebenfalls Pilger sind. Ich befürchte Stimmen aus dem Pilger-Forum bestätigt, der Camino Francés sei überlaufen. Ein Glück, dass ich mein Mini-Tunnelzelt dabei habe und an dem Run auf freie Herbergsbetten nicht teilnehmen muss und werde.
In Biarritz angekommen teile ich mir mit Peter aus Bayern, der im Flieger neben mir gesessen hat ein Taxi ins nahe Bayonne, von wo aus der Zug nach St.-Jean-Pied-de-Port fährt. Wir trinken noch einen Kaffee gemeinsam und tauschen Erwartungen an die Pilgerreise aus.
In S.J.P.d.P. steigen Massen von Gleichgesinnten aus, die ebenfalls den Camino Francés pilgern wollen. Und schon bin ich im Zweifel, ob es die richtige Entscheidung war, diesen Pilgerweg und nicht den etwas schwierigeren Küstenweg zu laufen.
In der Touristinformation am Ort erhalte ich meinen Pilgerausweis und die Empfehlung einer Herberge für die Nacht. Diese macht auf den ersten Blick einen guten Eindruck, liegt direkt neben der Touristinformation und bietet ein 2-Bett-Zimmer (satte 20,00 € p.P.) für Peter und mich. Allerdings bekommen wir bereits beim Betreten der Herberge den ersten Anranzer, da wir unsere Wanderschuhe nicht ausgezogen haben und die Holzdielen verschmutzen. OK, das müssen wir wohl erst noch lernen.
Mit meinem Budget gehe ich noch ziemlich großzügig um. Wir schlendern durch den netten, kleinen Ort, ich erstehe einen stabilen und schönen Pilgerstab und gehe mit Peter Essen. Im Lokal treffen wir weitere Pilger, speisen gemeinsam, trinken (zu viel) Vin Rouge und lassen es uns richtig gut gehen. Vielen dieser Menschen werde ich in den nächsten Wochen immer mal wieder begegnen.

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28.05.08 Roncesvalles
Nach einem spartanischen Frühstück mit Baguette, Marmelade und Café aux lait, geht´s dann endlich los. Entgegen der Vorhersage ist der Himmel nur leicht bewölkt, mit vielen Wolkenlücken. Und in den Tälern halten sich noch lange einige Nebelschleier.
Diese Etappe starten Peter und ich gemeinsam in Richtung Rocesvalles. Nach einem kurzen aber heftigen Anstiegt führt der geteerte Weg stetig aber nicht mehr so hart bergauf. Und Peter immer forsch voran. Bei Orisson gönnen wir uns eine erste Pause mit 2. Frühstück in der Bar der dortigen Herberge – der letzten vor Roncesvalles. Ich habe mir schon jetzt, nach knapp 10 km, die ersten zwei Blasen an den Fersen gelaufen. Na, tolle Wurst! Ich denke, ich habe die Schuhe nicht fest genug geschnürt. Aber nicht die Blasen sind jetzt mein Problem, sondern meine schmerzenden Oberschenkel – der linke besonders. Ich bin einfach untrainiert, obwohl 3 x wöchentlich Badminton gespielt wird. Wie auch immer, der Schenkel schmerzt und brennt und ich bleibe immer häufiger zurück. Und da dies kein Wettbewerb oder dergleichen ist, lasse ich Peter einfach ziehen.
An einer Felsformation mit Marienfigur rasten mehrere Pilger. Hier treffe ich Peter noch einmal wieder, der sich jedoch gerade wieder – fit wie´n Turnschuh – auf den Weg macht. Ich verweile und lege auf dem weiteren Weg immer häufiger kurze Pausen ein, um meine Beine zu entspannen.
Die Landschaft ist für mich als Nordlicht unheimlich beeindruckend. Bergwiesen in allen Schattierungen. Kühe, Schafe und Pferde scheinen ohne Einfriedung frei umher zu laufen. Pferdefohlen überqueren den Weg, sind gar nicht scheu und lassen sich sogar streicheln.
Nach dem Rolandbrunnen erreiche ich die höchste Stelle dieser Pyrenäenüberquerung mit 1.420 m und dachte, das Schlimmste für heute überstanden zu haben. Aber Pustekuchen, jetzt geht die „Prüfung“ erst richtig los. Auf der Ebene kann man zwischen zwei Varianten für den Abstieg nach Roncesvalles entscheiden. Ich als Sportsmann (ha ha) nehme natürlich den harten statt den sanften Weg. Es fängt an zu regnen und ich laufe im dichten Wald, oft steil bergab, über Geröll und Baumwurzeln. Es ist die Hölle für mich und mein linkes Bein kann ich kaum noch anheben, aufgrund der Muskelschmerzen. Nicht viel besser ergeht es zwei Kanadierinnen (Joanne und Marlene). Sie müssen auch immer mal wieder pausieren. Eine der Schwestern hat sich Blasen gelaufen und stolpert links mit Wanderschuh und rechts mit Flip-Flop den Berg hinunter. Doch wie auch ich, kommen auch sie müde aber wohlbehalten in Roncesvalles an, um eines der etwa 100 Betten in der alten Abtei des Ortes zu belegen. Hier treffe ich auch Peter wieder, der allerdings etwas vornehmer nächtigen möchte und sich mit ´nem Taxi zum nächsten Ort, in eine Pension, fahren lässt. Weichei! Denke ich. Aber warum nicht, jeder halt nach seinem Geschmack. Ich denke, ich sollte jeden Pilger in seiner Art und Weise zu wandern, so wie er ist, akzeptieren. Fällt mir leider nicht immer leicht.
Ich bin so erschöpft, dass ich das Oberbett, welches ich mir zuerst ausgesucht hatte, wechseln muss, um ein Unterbett zu belegen. Ich kam einfach nicht schmerzfrei hinauf in die Oberkoje. Und so liege ich nun hier in meinem Bett, in dieser altehrwürdigen Pilgerherberge und bin einfach nur glücklich. Glücklich angekommen zu sein und glücklich, einen so aufregenden Tag erlebt zu haben. Die Geräuschkulisse ist gewöhnungsbedürftig, aber dank Ohropax erträglich.

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29.05.08 Larrasoana
Morgens, Punkt 06:00 Uhr, ertönt dezent kirchliche Musik aus den Lautsprechern der Abtei. Ich stelle fest, dass ich an dem von mir verlassenen Oberbett zwei Paar Wandersocken habe hängen gelassen. So´n Mist, die sind fort. Glückwunsch dem neuen Besitzer. Bedeutet natürlich für mich, das ich rasch Ersatz kaufen muss, da ich sonst keine Wandersocken zum wechseln habe. Ich hasse Extrakosten! Und muss auf meine Sachen einfach besser aufpassen. Packen und Aufbruch leider ohne jegliches Frühstück.
Nach 2 km habe ich dann wieder meine alten Probleme. Mein linker Oberschenkel schmerzt stark und ich kann nur langsam und mit kleinen Schritten gehen. Rentner und Matronen ziehen leichtfüßig an mir vorbei. Meine Motivation ist an einem Tiefpunkt. Bloß nicht Schlapp machen.
Doch bereits nach weiteren 10 km, wo ich in Viscarret einen Kaffee trinke und drei deutsche Rentner treffe, bin ich total glücklich, denn ich kann wieder gleichmäßig lange Schritte machen und mein Oberschenkel ist nahezu beschwerdefrei. Im weiteren Verlauf des Tages treffe ich etliche Pilger wieder, die mich noch am frühen Morgen leichtfüßig überholt haben.
Am Alto de Erro treffe ich dann Manuela, eine nette Rumänin aus Frankfurt/M., die anscheinend ein ähnliches Problem, wie ich am Tag zuvor hatte, hat. Sie hat Schmerzen, ist schlecht gelaunt und wird den Tag wohl bereits in Zubiri beenden. Nette Frau, vielleicht sieht man sich wieder.
Auf dem Weg treffe ich jede Menge Leute verschiedener Nationen. Unter anderem zwei Amerikanerinnen aus Arizona und den Japaner „Mr. Sochi Fireman“. Ich nenne ihn so, weil er bei Regen mit einem neongelben Overall und einer signalroten Rucksackhaube durch die Gegend zieht.
Für mein Empfinden sind reichlich viele Menschen unterwegs, aber immerhin, ich fühle mich nicht gestört oder eingeengt.

Morgens dachte ich noch, ich würde es heute nicht einmal 21 km bis nach Zubiri schaffen. Dort angekommen, habe ich den Ort jedoch rechts liegen gelassen und bin fröhlich und bester Kondition weitern nach Larrasoana gepilgert. Ich fühlte mich immer noch recht fit, war aber auch glücklich, hier für heute Schluss machen zu können.
Die städtische Herberge ist sauber, funktionell und soweit OK für 6,00 €. Hier treffe ich Kerstin und Markus, die wegen ihrer kleinen Tochter daheim, nur 10 Tage pilgern können und somit nur einen Abschnitt wandern werden. Auch andere „Bekannte“ sehe ich wieder. Kontakt ist so leicht hergestellt. Status zählt wenig. Keiner fragt was du bist oder hast. Wichtig scheint nur wie man sich fühlt, woher man kommt oder geht.
Das Pilgermenü in einer nahe gelegenen Bar ist gut und reichlich und der Vino Tinto ist inklusive.

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30.05.08 Cizur Menor
Die Nacht in Larasoana war für mich schon in der Morgendämmerung vorbei. Konnte einfach nicht mehr schlafen. Also bin ich einfach auf, Sachen packen, aufs Klo und dann ab durch die Mitte. Keine Ahnung, wie spät es ist – Zeit spielt irgendwie keine Rolle im Moment. Ich bin ganz überrascht, als ich in Trinidad de Arre erfahre, es sei erst 09:00 Uhr. Viel Zeit also noch bis zu meiner nächsten Herberge, die nur noch 11 km entfernt ist. Also gemächlich voran, die Zeit genießen, ausgedehnte Pausen einlegen und Pamplona in aller Ruhe besichtigen.
Der Straßen- und Industrielärm, der mich in Pamplona empfängt, steht im krassen Gegensatz zu der ländlichen Idylle und Stille zuvor. Daher fällt die Stadtbesichtigung etwas dürftig aus. Ich besuche lediglich die Zitadelle, das Castillo und die Kathedrale. Und 2 Paar neue Wandersocken habe ich recht günstig erstanden – im einschlägigen Fachhandel. Treffe Rolf aus Neckarsulm wieder, den ich schon kenne. Er steht im Park an einer Bank und sortiert seinen Rucksack. Während ich meine Socken wechsele und eine Zigarette rauche trennt ere sich von überflüssigem Ballast, um diesen dann per Post nach hause zu schicken. 5-6 kg sollen es wohl werden. Auch wenn ich recht schwer beladen bin, kann ich mich von keinem, auch nur kleinen Teil meiner Ausrüstung trennen. Ich brauche alles, ist aber leider nicht immer so ultraleicht. Bulliger Schafsack und so. Und natürlich das Zelt (950g).
Die private Pilgerherberge von Maribel Roncale in Cizur Menor ist von der Straße aus recht unscheinbar, hat jedoch einen kleinen Teich mit Schildkröten und einen hübschen Garten mit Terrasse. Für 7,00 € bin ich recht gut untergekommen. Und genieße den Nachmittag, der zur Abwechslung mal wieder ein Paar Sonnenstrahlen hergibt, im Garten. Treffe viele Pilger der letzen Tage wieder und lerne neue kennen. Die nette Rumänin habe ich leider nicht wieder getroffen.


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31.05.08 Cirauqui
Morgens um 06:00 Uhr war die Nacht im Schlafraum dann abrupt zu Ende. Irgend so ein Stoffel (wie sie überall anzutreffen sind) meint aufbrechen zu müssen und schaltet dass komplette Oberlicht im Schlafraum ein. Rücksicht auf die Bedürfnisse anderer? Fehlanzeige. Bin selber aber dann doch bis 07:30 Uhr liegen geblieben. Es regnet an diesem Morgen. Habe Frühaufstehern beim Packen und Tüten rascheln zugeschaut. Einige von denen wollen sicher schon mittags in ihrer nächsten Unterkunft angekommen sein, um ein gutes Bett zu bekommen. Brigitt und Dietmar, ein Paar aus der Schweiz, haben es sich ebenfalls bäuchlings auf ihren Betten bequem gemacht, um dem regen Treiben der Aufbrechenden zuzuschauen.
Die Herberge verfügt über einen Aufenthaltsraum mit Küchenzeile, wo wir uns – es regnet weiter in Strömen – ein ausgiebiges Frühstück bereiten. Gegen 08:30 Uhr machen wir uns dann auch auf den Weg. Es hat mittlerweile aufgehört zu regnen, aber alle unbefestigten Wege haben sich in wahre Lehmgruben verwandelt. Augen zu und durch!
Bei Obanos, wo sich der Aragonesische und der Navarrische Weg vereinen, geht dann eine Riesenschütte los. Ich danke meiner Freundin Doris für den Poncho, den sie mir geliehen hat.
Ich wandere an der örtlichen Herberge vorbei und bestaune in Puente la Reina eine große Hochzeitsgesellschaft vor der dortigen Kirche. Trotz der widrigen Umstände bewältige ich heute 26 km und beende den Tag in Cirauqui, welches malerisch auf einer Hügelkuppe gelegen ist. Die lehmverschmierte Wanderstiefel reinige ich am Brunnen der Kirche von innen und außen.
Trotz des miesen Wetters war der heutige Tag landschaftlich atemberaubend. Ich habe die Natur einfach nur genossen.
In einem Gewölbekeller neben der Herberge erlebe ich dass bisher beste Pilgermenü, zusammen mit Spaniern, Franzosen und Niederländern.



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01.06.08 Estella
Morgens regnet es immer noch in Strömen und es ist keine Besserung der Lage in Sicht. Also nehme ich mir vor, heute nur 15 km zu wandern, um in Estella meine nassen Klamotten zu waschen. Ohne trockene Socken geht einfach gar nichts.
Also stehe ich schon am späten Vormittag vor der Herberge „Anfas“ und warte, dass der Hospitalero um 12:30 Uhr die Tür öffnet. 15 weitere Pilger warten schon mit mir auf Einlass.
Etliche Pilger wandern in 2er- und 3er-Gruppen. Sehen die Pilgerei meines Erachtens eher als sportliche Herausforderung. Na ja, warum nicht. Von einigen Leuten höre ich, dass sie auch Teilstrecken mit dem Bus fahren, Gepäck vorausschicken, oder einfach abseits des Pilgerweges auf der Straße wandern. Ich fange schon wieder an, die Menschen zu bewerten.






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02.06.08 Torres del Rio
Ich habe einen angenehmen Pilgertag und wandere durch ausgedehnte Wein- und Getreidefelder nach Torres del Rio. Anfänglich ist das Wetter doch besser als vorhergesagt und nur ein kurzer Nieselregen geht nieder.
Meine ausgewählte Herberge Casa Mari ist leider schon komplett belegt. Ich bitte die Hospitalera Mari jedoch mir eine Schlafstatt im Speiseraum zu geben; ein Bett bräuchte ich doch nicht. Also richte ich mich auf dem Fussboden ein und zahle dafür einen ermäßigten Übernachtungspreis von nur 4,00 €. Die mütterliche Mama Mari zeigt mir dann noch, wo ich mir eine Sportmatte hernehmen kann und versorgt mich mit einer zusätzlichen Wolldecke. Anschließend lädt sie mich zu einer Portion grüner Oliven ein - HHmmm, lecker.
Die verloren geglaubte Rumänin Manuela trifft ebenfalls ein, zieht jedoch eine zweite Herberge vor, die noch Betten frei haben soll. OK.






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03.06.08 Navarrete
Meine bisher beste Nacht, die ich ruhig, allein und ungestört verbringen konnte geht zu Ende. Ich habe prächtig geschlafen und geträumt.
An diesem ersten sonnigen beginnenden Tag verlasse ich Mama Mari und trinke einen Café con Leche im von Industrie geprägten Logrono. Außerhalb der Stadt, in einem Naherholungsgebiet war dann auf einer Bank Frühstück und Sockenwechsel angesagt.
Stimmungsmäßig geht es mir bis dahin gut, allerdings habe ich mir doch wieder eine Blase gelaufen (verfluchte Feuchtigkeit). Diesmal ist der linke Kleinzeh betroffen. Also, operieren, desinfizieren und weiter.
Nach 33 km, meiner bisher längsten Etappe, komme ich ziemlich erschöpft und mit brennenden Füßen in Navarrete, in der städtischen Herberge an. Ich belege mein Bett und gehe, ohne zu duschen, gleich in den Ort und in die nächste Bar, wo ich Mr. Sochi Fireman, den alten Japaner, wieder sehe. Er ist gestern noch an Torres del Rio vorbei, 11 km weiter bis nach Viana gepilgert. Hut ab! Respekt!





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04.06.08 Azofra
Gestern habe ich erstmals ernsthaft eine Unterhaltung über die Beweggründe des Pilgerns geführt. Christian, ein angehender französischer Kleinstadtbürgermeister und seine Frau Nelly pilgern für ihre kleine Enkeltochter, die als Frühgeburt in einem Krankenhaus mit dem Leben ringt. Ihnen will ich meine nächste Etappe widmen.
Ich hatte eine unruhige Nacht. Zwei Extremschnarcher ließen eine Nachtruhe für mich nicht zu. Dafür ist aber der Himmel heute klar und es erwartet mich ein schöner sonniger Tag.
Ich bin heute fast immer allein auf dem Weg. Kein Mensch vor oder hinter mir. Aber eigenartiger Weise ist meine Motivation heute nicht besonders hoch. Links, rechts, links, rechts, wandere ich gedankenverloren durch die Weinberge des Rioja. Es ist schön, aber meine Füße schmerzen. Nun auch noch eine Blase am rechten Kleinzeh. Muß ich heute abend behandeln.
So bin ich nachmittags dann froh, in Azofra angekommen zu sein. Es ist zwar noch früh, aber der Ort ist hübsch und ich möchte nicht weiterziehen. In der kommunalen Herberge erhalte ich eine 2-Bett-Zelle. Eine gute und zweckmäßige Albergue mit tollem Innenhof – einer Finca gleich. Ich lasse meine Füße in einem Hofbrunnen baumeln, kaufe mir eine Flasche Vino Tinto und genieße de sonnigen Nachmittag im Liegestuhl.



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05.06.08 Granón
Eine ruhige und angenehme Nacht geht zu Ende. Ein Blick nach draußen zeigt mir, es ist mal wieder Poncho-Time. Recht fit und froh gelaunt mache ich mich auf den weiteren Weg nach Westen.
Eigentlich wollte ich heute bis nach Redecilla del Camino wandern. Aber in Granón taten mir die Füße weh und mit meiner Kraft ging es auch dem Ende zu.
Es war eine gute Entscheidung, denn die christliche Herberge entspricht genau meinen Vorstellungen. Untergebracht ist sie im Dachstuhl über dem Kirchenschiff der örtlichen Kirche, mit Matratzenlager, Küche und großen Aufenthaltsbereich (mit Kamin). Im Glockenturm kann man seine Wäsche trocknen und hat dazu noch einen herrlichen Blick über die Dächer des Dorfes.
Nachdem ich meine Sachen abgelegt habe gehe ich in eine nahe Bar, wo ich mit zwei Italienern und den Kanadierinnen Joanne und Marlene verabredet bin. Ich lerne sogar ein israelisches Pilgerpärchen kennen. Wahnsinn, diese Vielfalt an Nationalitäten.
Um 19:00 Uhr nehme ich der täglichen Messe in der Kirche teil, erhalte einen Pilgersegen und anschließend bereite ich mit dem Hospitalero und anderen Pilgern ein gemeinsames Abendessen zu. Es gibt frischen Salat, eine eigenartige Brotsuppe und Joghurt. Hier wird noch richtig christliche Gemeinschaft und Nächstenliebe praktiziert. An der Tafel werden angeregte Unterhaltungen geführt, jeder stellt sich der Gruppe vor und wir haben viel Spass.
Und dieses wunderbare Erlebnis erhält der Pilger gegen eine Spende.
Auch wenn ich nicht religiös bin, muss ich diesen lieben Menschen jedoch bescheinigen, dass sie fantastische Arbeit für die Allgemeinheit machen; selbstlos und meist ehrenamtlich.

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06.06.08 Villafranca Montes de Oca

Der Hopitalero besteht darauf, dass kein Pilger vor 07:00 Uhr aufsteht, um eine allgemeine morgendliche Unruhe – vielerorts tatsächlich normal – zu vermeiden. Eine gute Regel, wie ich finde.
So stehen wir alle gemeinsam auf, schälen uns aus unseren Schlafsäcken und frühstücken gemeinsam. Bevor es wieder auf den Camino geht, lassen viele der Pilger dem Hospitalero eine großzügige Spende zukommen.

Ich fühle mich stark heute und laufe anfangs ganze 16 km, ohne eine Pause einzulegen. Weil ich so richtig fit bin heute, laufe ich gesamt 32 km bis nach Villafranca Montes de Oca.

Die Herberge liegt an der viel befahrenen Nationalstraße, ist aber
sonst soweit OK. Einfach, zweckmäßig und recht ordentlich ausgestattet. Ich besorge mir einige Lebensmittel und koche mir eine leckere Pasta. Ich bin recht müde und gehe schon zeitig zu Bett.



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07.06.08 Burgos
Morgens wache ich mal wieder durch das allgemeine Gewusel der Menge auf. Macht nichts. Anziehen, Zähne putzen, frühstücken und ab auf den Camino.
Ich bin den ganzen Tag gut drauf und singe „It´s a long way…“ und solche Lieder vor mich hin.
Eigentlich wollte ich heute nicht bis nach Burgos laufen, aber die Herberg, die ich mir für diesen Tag ausgesucht habe, scheint nicht mehr zu existieren. Also pilgere ich heute über 40 km und laufe durch eine wunderschöne Landschaft mit vielen Blumen. Ich sehe viele Vögle, die ich von Deutschland her nicht kenne. Ein Bestimmungsbuch habe ich leider nicht dabei – wie schade.


Zwei der Herbergen sind komplett belegt, die dritte, in einem Park gelegen, eigentlich auch. Ella hat allerdings das Glück doch ein Bett zu bekommen, da ein englischer Fahrradfahrer, der auf dem Weg nach Südafrika einen Teil des Camino fährt, ihr sein Bett abtritt, da er über ein Zelt verfügt und gerne auch draußen übernachtet. Das tue ich dann auch. Und so kommt mein kleines Tunnelzelt endlich einmal zu Einsatz.


Mein Zelt steht 1 A auf der Wiese vor der Herberge und wird mir für die Nacht eine gute Obdach geben. Ich trinke noch ein letztes Bier aus der Dose und lege mich schlafen.


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08.08.06 Hornillas del Camino
Ich wache schon zeitig auf und hatte eine etwas unruhige Nacht. Wahrscheinlich bin ich diese ungewohnte Schlafsituation im Zelt noch nicht gewohnt. Aber ansonsten geht es mir gut und auch meine Füße haben sich nach dem langen Marsch von gestern wieder erholt.


Vor meiner Endstation heute, in Hornillos del Camino, wechselt das Landschaftsbild. Es tauchen Berghänge mit hellem, kalkigem Gestein auf, das Getreide wiegt sich im Wind und einer, auf dem Weg vorbeiziehender Schafherde mit Schäfer, begegne ich auch. Mein Tempo ist für Dominique mittlerweile zu langsam und ich falle zurück – bin wieder alleine. Ich muss eh meine lange Unterhose ausziehen, da die Sonne scheint und wohlig meinen Körper bedeckt. Die Temperatur ist angenehm und das Wetter scheint sich insgesamt zu bessern.
Nach den Strapazen von gestern, gehe ich heute nur die 21 km bis Hornillos del Camino, wo ich bereits um die Mittagszeit ankomme. Ein solches Tempo hätte ich mir zu Beginn der Reise nicht zu träumen gewagt. Aber dass Laufen mit Gepäck scheint automatisch zu funktionieren. Auch dass Gewicht des Rucksackes ist erträglich. Nur beim Schultern habe ich gelegentlich das Gefühl, das Kreuz Christi aufzuladen.
Die Herberge ist ganz nett und Hornillas del Camino ist ein beschaulicher kleiner Ort. Hier wasche ich meine Wäsche fast komplett durch und hoffe, dass sie bis morgen auch wieder trocken sein wird.
Jetzt treffe ich auch auf Pilger, die nicht den gesamten Camino Francés ab S.J.P.d.P. laufen, sondern erst in Pamplona oder Burgos eingestiegen sind. Das bedeutet allerdings nicht, dass nun noch mehr Pilger auf dem Weg sind, denn viele verlassen auch den Weg in Burgos oder später in Leon, um vielleicht im nächsten Jahr den weiteren Weg zu gehen.


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09.06.08 San Nicolas de Puente Fitero
Ich habe mich heute Vormittag entschlossen künftig nicht unbedingt mehr Kilometer, doch aber länger pro Tag zu laufen. Es macht wirklich keinen Sinn die ganzen Nachmittage schon in einer Herberge zu verbringen, auf einem Kirchplatz oder einer Bar zu hocken, wo sich eh immer viele müde Pilger tummeln. Lieber genieße ich die Nachmittage auf dem Weg und bin noch unterwegs, während die Anderen schon mit der „Bettenschlacht“ beginnen.
Die Landschaft ist mal wieder sehr abwechslungsreich. Ein buntes Farbenspiel auf einer Hochebene mit Roggen-, Weizen- und Gerstefeldern.
Nach dem Abstieg vom Alto de Mostalares bin ich gerade wieder so richtig in Fahrt und hätte eigentlich noch einiges an Strecke laufen können. Da stehe ich plötzlich und unvermittelt vor einer kleinen mittelalterlichen Kapelle, die eine ebenso kleine Herberge betreibt. Nur 8 Betten, Küchenzeile, Esstisch und Altar schmücken den Innenraum der Kapelle. Die Hospitaleros sind zwei nette Italiener, die mich einladen zu bleiben. Da schon zwei mir bekannte Weggefährten hier ihr Lager aufgeschlagen haben, sage ich nicht nein.
Der kleine Weiler heißt San Nicolás, liegt kurz vor der Ortschaft Itero de la Vega und ist urig und heimelich zugleich. Vor einem gemeinsamen Pilgeressen, welches man uns zubereitet, findet eine kurze Andacht mit anschließender Fußwaschung statt. Es ist Tradition in dieser christlichen Herberge, den vorbeiziehenden Pilgern einen Fuß zu waschen und ihn dann auch noch zu küssen. Und so sitzen die Pilger im Halbkreis vor dem Altar und lassen die Prozedur über sich ergehen. Ich jedenfalls bin tief berührt.
Beim Abendessen ist mir dann ein Missgeschick widerfahren. Ich wollte mir meinen Plastikteller mit lecker Eintopf nachfüllen lassen, wobei er mir wegen Instabilität aus den Händen glitt. Die Sauerei am Boden war enorm. Allerdings durfte ich die Bescherung nicht selbst beseitigen, sondern musste dies einer Hospitalera überlassen, die sich aufopfernd gekümmert und mich anschließend noch in den Arm genommen hat. Fällt alles unter Gastfreundschaft.
Und wieder ist ein Teil des Pilgerclubs beisammen: Joanne und Marlene, Kathy und ihr Gatte
Jeronimo aus Florida, Mr Sochi Fireman und ein für mich neues Gesicht mit dem Namen Peter Kraus, aus Paderborn.
Ich glaube, meine Spende morgen wird großzügig ausfallen, denn was diese Hospitaleros hier leisten ist für mich wahre Pilgerfreundschaft und Nächstenliebe. Danke dafür.

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10.06.08 Carrión de los Condes
Nach einen einfachen Frühstück mit reichlich Café con Leche werden wir herzlich von den Hospitaleros verabschiedet und machen uns auf den weiteren Weg.
In Boadilla del Camino lege ich eine Pause ein und in Frómista treffe ich Joanne und Marlene wieder. Wir gehen den Weg nach Carrión de los Condes großteils gemeinsam (38 km) und kommen früh am Abend in der Albergue Espiritu Santo für die Nacht unter. Die Duschen dort sind mit einer Art kleiner Sitzwanne ausgestattet, sodass ich mir, mit einigen Verrenkungen, ein ausgiebiges Vollbad genehmigen kann.
Kathy und Jeronimo haben es heute nur bis Frómista geschafft. Der gestrige Tag war für Kathy zu anstrengend und ich befürchte, dass sie den Camino abbrechen wird. Jeronimo würde sicher gerne noch weiter ziehen.
Selber bin ich meinem Plan, den ich ja offiziell nicht habe, einen Tag voraus. Noch etwa 420 km bis nach Santiago. Meine daheim gebliebenen kommen mir wieder in den Sinn und ich denke daran, wie sie die Abende gemütlich auf der Couch verbringen, oder Sabine am Unisee oder im Novazena den Sommer genießt.
Wenn ich es morgen 32 km bis nach San Nicolas del Real schaffe, habe ich nochmals 6 km gut gemacht, die ich später vielleicht als Reserve gebrauchen kann.
Peter Kraus, Joanne und Marlene haben mit mir zu Abend gegessen.






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11.06.08 Terradillos de los Templarios
Fürs Erste steht heute eine Teilstrecke von 17,2 km auf dem Programm. Ohne Brunnen oder Gelegenheit einer Einkehr, geht es über eine weite offene Ebene.
Das ist wohl der Grund dafür, dass sehr viele Pilger in Carrión de los Condes eine Übernachtungspause einlegen.
Der Tag beginnt damit, dass die ganze Pilgerschar, denn eine solche ist es heute, von einer Mückenplage heimgesucht wird. Hunderte diese kleinen Biester, die allerdings nicht stechen, umschwirren mich auf dieser langen, stets geraden Strecke, durch endlose Getreidefelder. Ich bedecke mein Haupt mit einem Handtuch und wedele mit einem zweiten um meinen Kopf herum wie wild.
Vor dem ersten Ort am Weg, in Calzadilla de la Cueza, haben wir dann Rast gemacht und einen Bocadillo gegessen. So unverhofft die Mücken kamen, so plötzlich waren sie dann auch wieder verschwunden, nachdem die Sonne anfing zu scheinen.
Nach weiteren 10 km habe ich die Tour für heute in Terradillos de los Templarios beendet und nutze die Zeit meine Wäsche mal wieder durchzuwaschen. Die neue Herberge Los Templarios soweit gut und zweckmäßig, allerdings sind die Stockbetten so eng gestellt, dass ich gar nicht so recht weis, wo ich meine Sachen unterbringen soll. Ach, was reg´ ich mich auf, ist ja nur für eine Nacht. Und dann stelle ich auch noch fest, dass ich meine Kopfbedeckung unterwegs verloren habe. Das ist allerdings Mist!

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12.06.08 Calzadilla de los Hermanillos

Den heutigen schönen und beeindruckenden Tag widme ich meiner Lebensgefährtin Sabine. Die Weite der scheinbar endlosen, offenen, steppenartigen Landschaft, lässt mich nachdenken über die tiefe Zuneigung, die ich ihr gegenüber empfinde. Und ich bin wieder einmal dankbar, dass sie mich in meinem Pilgervorhaben bestärkt und unterstützt hat. Sie hat mit die Entscheidung nach Santiago zu pilgern leicht gemacht.

Also, wie gesagt, der Tag war schön und ruhig. Fast den ganzen Tag war ich alleine und für mich auf dem Weg, denn vor Sahagún und hinter Calzada del Coto standen jeweils prima Alternativrouten zur Verfügung. Abseits der Straße und scheinbar jeglicher Zivilisation.

Der „Einmarsch“ nach Calzadilla de los Hermanillos gleicht ein wenig dem Ritt hinein in eine einsame Westernstadt. Plötzlich liegt die Wüste hinter dir und die staubige Schotterpiste endet mitten im Ort. Am Eingang des Dorfes liegt rechter Hand eine Bar, wo ich erst einmal meinen Flüssigkeitshaushalt, in Form eines Vino Tinto (0,60€) auffülle. Anschließend begebe ich mich zur wenig frequentierten Gemeindeherberge, wo ich für Spende 5 € einen guten und ruhigen Schlafplatz erhalte. Diese 5 € waren leider meine letzten, da ich es verpasst habe, mich rechtzeitig mit neuem Geld zu versorgen. Glücklicherweise habe ich noch einiges an Proviant für eine ordentliche Mahlzeit. Freundliche Mitpilger teilen mit mir am Abend noch ein Paar Büchsen Bier.
Nach und nach füllt sich auch diese Herberge, die aufgrund ihrer Lage an der Alternativroute in der Regel nicht so stark besucht ist. Und Mr. Sochi Fireman trifft bei einsetzender Dämmerung und beginnendem Regen auch noch ein.

Der Gedanke kein Bargeld mehr in der Börse mehr zu haben beschäftigt mich doch sehr. Die Pilger, die hier heute ankommen gehen erst mal in die Bar und später noch in den Dorfladen. Und anschließend vielleicht wieder in die Bar, um zu sehen, wie die Deutsche Fußball-Nationalmannschaft mit 1:2 gegen Kroatien verliert.
Ist schon ein eigenartiges Gefühl, aber im Grunde habe ich ja heute keine weiteren Bedürfnisse mehr. Gegessen habe ich, meine Spende an die Hospitalera ist gezahlt, zwei Glas Wein habe ich getrunken und Proviant für den morgigen Vormittag habe ich auch noch im Rucksack. Aber dennoch ist dies eine neue Erfahrung, mit der ich nicht so vertraut bin.

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13.06.08 Arcahueja
Mache mich schon früh auf den Weg. Irgendwie scheint heute nicht mein Tag zu sein. Ich bin schlecht gelaunt und empfinde den Weg ganz anders als gestern. Die 18km nach Reliegos scheinen kein Ende zu nehmen. Ich bin ein wenig genervt. Vielleicht weil ich gerade heute die Einsamkeit auf des Weges ganz anders empfinde als gestern. Es geht fast immer geradeaus, kein Schatten, nur sengende Sonne. Ab und an findet sich ein Meilenstein zum draufsetzen. Kein Brunnen, kein Dorf.
In Reliegos angekommen ruhe ich mich auf einer Bank vor einer Bar ein wenig aus, lüfte meine Schuhe und pilgere wieder los, um in Mansilla del las Mulas meinen Geldbeutel wieder aufzufüllen und einen Cortado (starker Kaffee, wenig Milch) zu trinken.
Aber diese besch… Landstrasse, der ich jetzt folge, geht immer geradeaus, und ich kann doch schon den Kirchturm erkennen. Aber die Strecke scheint sich nicht zu verkürzen und der Kirchturm kommt und kommt nicht näher. ½ Stunde später ist die Entfernung immer noch enorm.
In Mansilla del las Mulas treffe ich erst einmal eine Bank, hebe Geld ab und trinke in einer Bar, neben der örtlichen Herberge, einen Cortado zu mir. Auch hier treffe ich bekannte Gesichter an. Welche die hier bleiben über Nacht und solche, die wie ich weiterziehen. Werde versuchen, heute so weit wie möglich vor Leon anzukommen.
Meine Stimmung bessert sich – liegt es am Geld in meiner Tasche – obwohl es ständig direkt neben einer Nationalstrasse entlang geht. In Puente de Villarente bekomme ich in einer Bar ein Bier für 1,10 € und zusätzlich 3 leckere Tapas für umsonst. Das sind Pilgerfreunde, wie ich sie mag.
Ich beende den Tag in Arcahueja, wo ich drei nette Typen aus Sachsen oder Thüringen wieder treffe, die mich während des Tages mehrmals in einem Affenzahn überholt haben. Halt echte Power-Pilger. Sind aber sonst ganz natürlich und dufte drauf.
Die kleine Herberge ist einer Bar angegliedert und liegt im 1. Obergeschoss. Vor dem Haus liegt eine kleine Terrasse, wo wir vier uns die Nachmittagssonne auf die Stirn brennen lassen und ein Paar Bierchen genießen.
Abends bin ich allerdings der Einzige, der sich ein Pilgermenü gönnt. Ich denke, ich muss meine Ausgaben besser kontrollieren, oder gar auch einschränken.




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14.06.08 Villar de Mazarife
Morgens bekommen wir in der Bar noch einen Café con Leche und ein Teilchen vom Wirt. Gemeinsam mit den drei Ostdeutschen Pilgern mache ich mich dann auf den Weg, kann und will deren Tempo allerdings nicht mitgehen und bleibe zurück. Man sieht sich später sicher mal wieder.
Es ist wieder ein schöner, sonniger Morgen und ich erkenne in der Ferne das vor mir liegende León. Ich kann die Kathedrale sehen und bekomme eine leichte Gänsehaut. Wie muss es erst sein, wenn Santiago vor mir auftaucht?
Ich besichtige in aller Ruhe die am Morgen noch ruhige Stadt, täte ein Paar Einkäufe und ziehe dann weiter. In den Morgenstunden zeigt sich León als eine hübsche, saubere Stadt, ohne hektische Betriebsamkeit.
Größtenteils über Schotterpiste, die durch eine abwechslungsreiche Landschaft aus Gemüseacker, Getreidefelder und wild bewachsenes Brachland führt, erreiche ich am späten Nachmittag den kleinen Ort Villar de Mazarife. Hier habe ich die Wahl zwischen 3 Herbergen, von denen ich die vielleicht außergewöhnlichste als Quartier wähle. El Refugio de Jesus ist ein altes Haus mit großem Innenhof. Die Fassade ist hübsch bemalt mit Pilgersymbolen. Im inneren des Hauses und an den Wänden des Innenhofes haben sich unzählige Pilger über Jahre künstlerisch betätigt. Wandgemälde, Graffiti, Symbole und Pilgergrüße bedecken alle Wände des Gebäudes. Für 5 € beziehe ich ein 4-Bett-Zimmer. Da es schon recht spät ist und nur wenige Gäste im Haus, denke ich, dass ich es für mich alleine haben werde. Es ist alles ein wenig verwohnt, aber hat Charme. Es gibt zwei Küchen, einen Garten mit Skulpturen, einen Innenhof, Internet und ausreichend Sanitäranlagen. Ich fühle mich hier sehr wohl.
Heute habe ich übrigens kaum Menschen auf dem Camino getroffen, lediglich einen Gemüsebauern bei der Arbeit und zwei Jäger mit Flinten. Pilger – Fehlanzeige. Das mag wohl daran liegen, dass ich heute spät gestartet und ohne Hast, mit vielen Pausen gepilgert bin. 30,5 km sind es dann aber doch geworden.
Alle bisherigen Wegbegleiter sind mir zwischenzeitlich verloren gegangen. Sie sind entweder voraus oder liegen zurück. Den Grund vermute ich darin, dass ich mich nicht mehr an den Start- und Endpunkten der Pilgerführer orientiere, sondern dort starte und ende, wo ich es möchte.
Am Abend benutze ich eine der Küchen und bereite mir ein deftiges Mahl mit Bohnen, Zwiebeln und spanischer (Mett-)Wurst.



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15.06.08 Murias de Rechivaldo
Die Nacht heute war erholsam und ruhig, hatte das Zimmer tatsächlich für mich alleine. Kein Schnarcher oder sonstiges Gelärme. Ganz prima!
Da es in den Herbergen häufig Küchen gibt, jedoch keine Verköstigung, decke ich mich natürlich immer mit den nötigsten Lebensmitteln ein. So habe ich mir gestern endlich einmal Nescafé und Kondensmilch (super haltbar aus der Tube) gekauft. Somit ist auch das Kaffeetrinken morgens sicher gestellt.
Ich setze mich mit meinem Kaffee und 3 Milchbrötchen von gestern in den Innenhof und lasse den Tag ruhig angehen. Einer von vielen Spatzen gesellt sich zu mir, springt auf einem Stuhl und meinem Tisch umher und zeigt so gar keine Angst. Weil er so mutig ist, teile ich eines der Milchbrötchen gerne mit ihm.
Es regnet den ganzen Morgen schon leicht, aber irgendwann muss natürlich auch ich los. Also, Poncho übergezogen und losgestiefelt. Von den Bohnen gestern habe ich mächtig Wind in der Hose.
Nach etwas 1 ½ Stunden ist der Regen vorüber und ich erreiche das Städtchen Hospital de Órbigo mit einer schönen mittelalterlichen Brücke über den Rio Órbigo.
Die in den letzten Tagen durchstriffene Hochebene endet hier und es sind wieder einige Höhenzüge zu überwinden. Und plötzlich stehe ich vor einem Pilgerkreuz und habe einen schönen Blick auf das unter mir liegende Astorga. Hinter Astorga baut sich eine mächtige Bergkette auf, die es wohl morgen zu überwinden gilt, um zum Cruz de Ferro (1.517m) zu gelangen.
Habe heute nicht in Astorga, wie eigentlich geplant geendet, sondern einige Kilometer weiter, in Murias de Rechivaldo. Habe heute wieder 37,6 km hinter mich gebracht.
Ach ja, vor 3 Tagen habe ich ja meine Schirmmütze verloren und bis heute kein Ersatz gefunden. Bis HEUTE. Da treffe ich mal wieder die drei thüringisch/sächsischen Pilger an einem Pilgerkreuz. Neben dem Kreuz steht eine Schaufensterpuppe (?) bekleidet mit Pilgerkluft. Und an ihren Armen, am Körper und zu ihren Füßen haben vorbeigehende Pilger Dinge abgelegt. So finden sich Figürchen, Steine, Bilder, Briefe Schuhe, Mützen und dergleichen an diesem Platz.
Ja, und eben hier hat anscheinend ein Pilger vor Zeiten einen weißen Schlapphut für MICH abgelegt, damit ich ihn nach Santiago trage. Der Hut passt prima, ist allerdings bretthart und durch Lehm und Schlamm stark verschmutzt. Was soll´s, Hut ist Hut. Und Schutz vor der Sonne ist wichtig.
Bin heute von einer 38-jährigen Deutschen auf unter 40 Jahre geschätzt worden. Ich bin sehr geschmeichelt, obwohl ich doch eigentlich ziemlich fertig im Gesicht aussehe – Augenringe, unrasiert und ein bisschen ungepflegt.
Die Albergue Las Águedas, in der ich heute unterkomme ist auch eine ganz nette. Im Stile einer „Hacienda“ liegt sie am Ortsausgang von Murias de Rechivaldo, direkt am Jakobsweg. Altes Steingemäuer mit schönem Innenhof und Hofbar. Dort habe ich das bislang kälteste Bier auf dem Camino getrunken. Und zwar frisch gezapft. Muss eine Temperatur von knapp über 0° C gehabt haben. Einfach herrlich nach der Hitze des Tages.
Abends gibt es ein Standard-Pilgermenü mit Salat, Spaghetti, Obst und Wein oder Wasser. Aber es gibt immer Menschen, die für 7 € ein Menü in Restaurantqualität erwarten. So findet sich auch hier so ein Meckerpott, der den Schuss nicht gehört hat.
Ansonsten ist alles ordentlich und sauber. Auch die Ausstattung ist top.


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16.06.08 Manjarin
Morgens dusche ich recht früh ganz ungestört und nehme im Innenhof der „Hacienda“ ein kleines Frühstück zu mir. Zur Abwechslung scheint mal wieder Dauerregen angesagt.
Ich erreiche das fast gänzlich verlassene Dorf Foncebadon und beginne den Aufstieg zum Cruz de Ferro, einem besonderen Punkt meiner Reise. Ich habe zwei Steine von zu hause mitgenommen, um diese als Symbol meiner Sorgen und Probleme am Cruz de Ferro abzulegen. Als ich dass Kreuz das erste Mal aus der Ferne erblick, mag es wohl noch etwa 600 m entfernt sein. Mich überkommen eigenartige Glücksgefühle und ich muss einen „Kloß“ herunter schlucken. Ich freue mich wie ein kleines Kind, dass ich es bis hierher geschafft habe. Und als ich am Cruz de Ferro ankomme – fast rennend – bin ich in Tränen aufgelöst. Ich hänge mit den Armen über einem Zaun, stehe ca. 20 m vor dem Kreuz und kann nicht fassen, dass ich jetzt hier bin und gleich meine „Sorgen“ in Form der mitgebrachten Steine ablegen kann. Heulend und schluchzend steige ich den Steinhügel hinauf und lege meine Steine ab. Wieder am Fuß des Kreuzes angelangt nimmt mich eine ältere Pilgerin in ihre Arme, um mich zu trösten oder einfach nur zu beruhigen. Ich bin sooo glücklich.
In Manjarin, einem verlassenen Dorf hinter dem Cruz de Ferro gibt es eine Herberge, die Tomás, der einzige Bürger des Ortes betreibt. Hier suche ich mit einigen Pilgern Schutz vor dem einsetzenden Regen und entschließe mich einfach hier zu bleiben und die Nacht zu verbringen. Es sieht alles irgendwie aus wie eine Ruine oder ein verfallener Schuppen.
Die Herberge ist allerdings nichts für zart Besaitete. Der Schlafraum mit wenigen Schlafplätzen ist in einer Steinkate untergebracht. Es ist feucht und muffig. Kein Strom, kein elektrisches Licht, kein fließend Wasser, kein WC. Einziger Luxus ist ein kleiner Kanonenofen, den wir Pilger jedoch nicht anfeuern dürfen. Das übernimmt Hospitalero Tomás persönlich. Abends sind wir dann 6 mutige Pilger, die es wagen hier die Nacht zu verbringen. Nationen heute: Mexiko, Brasilien, Deutschland, Norwegen, Spanien.
In seinem eigenen Wohnhaus / Hütte bereiten Tomás und sein Gehilfen eine deftige Mahlzeit zu und schenken Wein für uns aus. Wir sitzen zusammen in einem Raum, der nicht zu beschreiben ist. Alles ist grob, einfach, zweckmäßig, unsortiert – und auf kleinstem Raum untergebracht.
Tomás redet nicht viel.
Nach dem Essen muss ich austreten. Tomás zeigt mir den Weg zum Klo. Schräg über die Straße gehe ich und sehe einen windschiefen Holzverschlag mit Brettertür. Darin befinden sich eine Schaufel, ein Sack mit Kalk und ein Loch im Holzboden, der etwa 2 m hinunter reicht. Auf einem Hügel unten im Loch liegt Kalk gestreut. OK, da hinein soll ich also mein „Geschäft“ erledigen. Das ist hart, aber ich zieh das durch.
Am späten Abend sitzen wir in unserer Hütte vorm Kanonenofen auf einer alten Couch und wärmen uns gegenseitig. Mein Bett steht in der Nähe des Ofens und ist recht breit. Mehr so eine Art Doppelbett, weshalb ich es mir mit einer Frau aus Norwegen teile. Liv ist ihr Name und sie ist ganz lustig.
Weil ich befürchte, dass es in der Nacht kalt wird, schlafe ich mit langer Unterhose, Hose, Pilli, Wolldecke und Schlafsack.
Heute schmerzt übrigens zur Abwechslung mal mein rechtes Knie, die Bänder über der Kniescheibe. Na, mal abwarten. Irgendwas schmerz immer.

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17.06.08 Cacabelos
Morgens sitzen wir noch einmal mit Tomás und seinem Helfer, Fernandés, zusammen und frühstücken. Wir bedanken uns für die Gastfreundschaft und geben unsere Spende.
Tomás und Fernandés, das sind echt zwei krasse Typen. Die letzten Templer.
Der Weg an Berghängen hinab ist wunderschön und abwechslungsreich. Ich sehe große grüne und kleine braune Eidechsen, eine Art Rebhuhn, das vor mir herläuft, Greifvögel und Haubenlerchen (?).
Am Abend erreiche ich Cacabelos mit seiner Pilgerherberge in einem Kirchhof. Sie ist ziemlich zweckmäßig und funktionell ausgestattet. Rund um die Kirche steht ein Leichtbau mit ca. 37 2-Bett-Kabinen, Sanitäranlagen, Wäscheplatz, Rezeption und Getränkeautomat.


Noch 199 km bis Santiago de Compostela. Ich kann es kaum glauben, dass ich schon über 600 km Pilgerschaft hinter mir habe.
Während die Menschen in den Dörfern vor Ponferrada eher ärmlich und einfach leben, die Ortschaften teilweise oder fast ganz verlassen sind oder wirken, zeigen sich die Dörfer nun gepflegt und sauber. Ob aber nun Land- oder Stadtbevölkerung, viele der Menschen zeigen sich freundlich, hilfsbereit und herzlich.
Ich sitze abends noch mit einigen jüngeren Pilgern im Hof der Herberge beim Palaver. Es ist schon dunkel, als ich zu Bett gehen will.






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18.06.08 La Faba
Die Nacht war angenehm mild und ruhig. Nach einem Frühstück aus Milchbrötchen mit Bacon und Käsen breche ich am späten Morgen auf und stelle mich auf einen mäßig anstrengenden Weg ein. Es kommt allerdings ganz anders. Der erste steile, harte Anstieg auf der gewählten Wegalternative „Camino duro“ (harter Weg) dauert ca. 1 Stunde und war von der Geländeform her physisch sehr anspruchsvoll, aber noch recht gut zu bewältigen (11 km). Ab dem Dorf Trabadelo reiht sich ein Dorf an das nächste und die Versuchung ist schon gross, die Etappe vor dem geplanten Ziel für heute, La Faba, abzubrechen. Zumal ich 5 km vor La Faba zwei nette Belgier wieder treffe, die mir die Herberge in Ruitelán schmackhaft machen wollen. Ich zögere kurz, trinke einen Kaffee mit ihnen, ziehe dann jedoch weiter.
3,6 km vor La Faba steigt der Weg langsam an und endet über 1,5 km in einer regeelrechten Kletterpartie. Ich bin so erschöpft, dass ich etwa 10 Verschnaufpausen einlegen muss, um oben anzukommen. Unterweg holt mich Johannes, den ich in Trabadelo kennen gelernt habe, ein und „zieht“ mich ein Stück weit den Weg hinauf.
Auf dem Gipfel dieses Anstieges empfängt mich eine nette schwäbische Herberge, wo ich erst einmal dusche und anschließend an der Andacht in einer kleinen Kirche teilnehme.
Ich entscheide mich gegen ein Bett im Schlafsaal, da ich dort meinen schnarchenden „Zellennachbar“ von gestern erspähe. Also baue ich, mit freundlicher Genehmigung der Hospitalera mein Zelt im Garten bei der Kirche auf, denn das Wetter scheint beständig schön zu bleiben.
Später dann besuche ich die Bar am Ort und gönne mir eine warme Mahlzeit.
Nachts im Zelt höre ich in der Ferne die Schnarcher in der Herberge, trete kurz aus, setze vorsichtshalber Ohropax ein und schlafe friedlich ein.











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19.06.08 Triacastela
Ich hatte eine ruhige Nacht, allerdings mit etwas wenig Schlaf. 

Gegen Mittag bin ich auf dem letzten Höhenpass des Camino angelangt (1.250m). Der Anstieg ist steil und die oben Ankommenden werden mit Applaus von Mitpilgern begrüßt, die es sich bereits auf der Terrasse einer Bar, direkt am Gipfel gemütlich gemacht haben.
Irgendwann am Nachmittag beenden die Belgier und ich den Tag in Triacastela. Auch hier schlage ich in der galizischen Gemeindeherberge wieder mein Zelt auf und genieße diese Art der Unabhängigkeit. Ich bin frei und muss keine Rücksicht nehmen, kann kommen und gehen wann ich es möchte, ohne Schließzeiten der Herbergen beachten zu müssen. Das Zelten hat wirklich viele Vorteile – für mich.




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20.06.08 Barbadelo
Heute Morgen steht mein Zelt im Nebel und ich muss die Oberflächen trocken wischen. Die Temperaturen sind milde und ich mache mich recht spät auf den Weg. Wahrscheinlich werde ich heute nur! 23 km laufen, wähle ab Triacastela die Wegalternative über den Pass von Riocabo nach Sarria.
In Barbadelo mache ich dann Schluss für heute. Es ist ein sonniger und heißer Tag. Obwohl es erst früher Nachmittag ist, habe ich keine Motivation mehr weiter zu ziehen. Die wiederum galizische Gemeindeherberge (kosten alle pauschal 3€) ist soweit OK. Angrenzend an die Herberge befindet sich eine Bergwiese mit Gastronomie in einem Wohnwagen und schönen Ausblick hinunter in ein Tal.
Dort sitze ich dann und treffe Daniele und Nini, zwei Italiener, die ich schon seit Burgos immer mal wieder treffe. Sie ziehen aber weiter, da die Herberge mittlerweile ausgebucht ist. Da bedeutet für sie noch ca. 9,5 km Strecke.

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21.06.08 Portomarin
Ich habe ziemlich gut in einem Doppelstockbett mit wenig Kopffreiheit geschlafen. Das kenne ich ja schon von meinem Zelt, mit ca. 70 cm Höhe.
Es ist nebelig, aber angenehm zum Laufen.
Ich habe in der letzten Zeit täglich meist mehr Kilometer absolviert, als die Pilgerführer empfehlen. Der Grund war, ich würde ja gerne noch etwas Zeit haben, auch noch zum Kap Finisterre zu kommen. Doch ich habe dass Gefühl diese Zeit nicht mehr herauslaufen zu können und gebe dieses Vorhaben auf.
Vor Portomarin fallen mir viele Pilger auf, die nur mit „leichtem“ Gepäck, gut gestylt, oder mit Turnschuhen unterwegs sind. Ich denke, dass sind diejenigen, welche in Sarria eingestiegen sind, also dem Punkt etwa für die letzten 100 km Jakobsweg, der zum Erwerb der Compostela berechtigt.
Das Städtchen Portomarin musste in den 1960ger Jahren einem Staudamm weichen und wurde an neuer Stelle wieder neu aufgebaut. Die Kirche San Nicolás wurde gar Stein für Stein abgetragen und originalgetreu wieder aufgebaut. Ein hübscher Ort ist hier entstanden.
In der Bar lerne ich Michaela und Arlette kennen, die für heute auch keine Lust mehr haben weiterzulaufen und lotse sie in meine Herberge. Gemeinsam genießen wir den Rest des Tages.

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22.06.08 Palas de Rei
Trotz Schnarcherin – ach was reg´ ich mich auf – war die Nacht erholsam und ich laufe im Nebel nach Gonzar. Der Weg bietet wenig Ausblicke. Es geht meist durch Hohlwege in Nadelwäldern mit etwas Heide am Wegesrand. Das könnte auch der Harz sein.
Es ist voll an den Rastplätzen und in den Bars am Weg. Massen von Pilgern auf einmal. Ich laufe ein wenig mit einer alten Bekannten, Liv aus Norwegen. Mit ihr habe ich doch das Bett in Monjarin geteilt.
In Palas de Rei checke ich in der galizischen Gemeindeherberge ein, die zum Übernachten gerade so in Ordnung ist. Von Mitpilgern erfahre ich, dass sie häufiger auch in Hostals oder Pensionen übernachten und dafür zwischen 20 € und 30 € ausgeben. Diesen Komfort benötige ich nicht, sondern bevorzuge die bescheidene Variante und versuche täglich mit ca. 10 € - 15 € insgesamt auszukommen.
Leider ist heute Sonntag und die Läden sind geschlossen. Die Küche bleibt also heute kalt.
Ich treffe eine Sabine aus Rotenburg a.d. Wümme, wo ich selber mal gewohnt habe. Sie sitzt vor ihrer Herberge auf einer Terrasse und wir unterhalten uns über den Camino und unser Leben in Norddeutschland.

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23.06.2008 Ribadiso
Es ist bewölkt heute, hat eine hohe Luftfeuchte, aber die Temperatur ist angenehm zum wandern.
Gegen 14:00 Uhr erreiche ich die Herberge in Ribadiso, die malerisch in einer friedlichen Umgebung an einem Bachlauf gelegen ist. Sie kostet als kommunale Einrichtung mal wieder nur 3 €, ist aber bestens ausgestattet. Nur das Internet funktioniert nicht.
Ich lasse meine Füße an einem Holzsteg im Bachwasser baumeln und träume so vor mich hin.
Später baue ich mein Zelt dann doch noch einmal auf, weil direkt über mir im Stockbett ein Mords-Schnarcher liegt und schon am Nachmittag ganze Wälder zersägt. Ist aber mal wieder kein Problem, denn das Wetter ist trocken. Im schönen Garten hinter der Herberge werde ich sicher meine Ruhe haben.
 
 





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24.06.08 Pedrozo
Eine gute Nacht im Zelt liegt hinter mir und die letzten Kilometer des Jakobsweges liegen nun vor mir. Zeit spielt keine Rolle mehr. Es ist etwa 10:00 Uhr und ich befinde mich nur noch 29 km von Santiago entfernt. Da ich erst am 28.06.08 heim fliege, habe ich also noch jede Menge Zeit. Vielleicht auch noch fürs Kap Finisterre.
Gegen Mittag checke ich dann in Pedrozo in der galizischen Gemeindeherberge ein, lege meine Sachen ab und kaufe mir in einem Laden Tomaten, Zwiebeln, Wurst und Oliven. In der gut ausgestatteten Küche der Herberge bereite ich dann eine warme Mahlzeit.
Einige meiner Wegbegleiter der letzten Tage ziehen an Pedrozo vorbei, um noch heute in Santiago anzukommen.



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25.06.08 Santiago de Compostela
Mit Ohropax habe ich leidlich gut geschlafen, werde aber schon früh durch allgemeines Gewusel und Geraschel geweckt. Tür auf, Tür zu, Geflüster und solche Dinge lassen eine weitere Ruhe nicht zu. Also stehe ich auf, raffe meine Sachen zusammen und verlasse das Haus.
Draußen ist es noch stockfinster. Doch das ist mir egal, ich bin unruhig und aufgeregt und mache mich so noch vor der Morgendämmerung auf den Weg nach Santiago.
Ich denke schon, einer der Ersten auf dem Weg zu sein. Aber weit gefehlt. Nach kurzer Strecke erscheinen die ersten Gestalten vor mir, an denen ich vorbei ziehe. Noch einer und noch ein Paar… In Labacolla hat eine Bar geöffnet und ich frühstücke erst einmal. Bis dahin, es ist gerade mal hell geworden, bin ich schon 11 Pilgern begegnet.
Später, auf dem Monte del Gozo genieße ich einen ersten Blick von oben auf Santiago, dem Ziel meiner Pilgerreise.
Der Einmarsch in Santiago ist nicht besonders spektakulär, denn es geht durch Vororte und Wohngebiete. Als ich jedoch den Altstadtbereich erreiche, werde ich doch etwas besinnlich. Plötzlich stehe ich vor der Kathedrale und habe mein Ziel erreicht. Ich verweile nur kurz und begebe mich dann direkt zum Pilgerbüro, um mir meine Compostela ausstellen zu lassen.
Da heißt es erst einmal Schlange stehen, bis man an einen von 5 oder 6 Schaltern vorgelassen wird.
Ich erhalte meine Pilgerurkunde und begebe mich wieder direkt auf den Vorplatz der Kathedrale, wo ich viele alte und neue Weggefährten treffe. Die drei Ostdeutschen, Liv, Nini und Daniele, Michaela und Arlette, die zwei Belgier, die kleine Schwedin und und und.
Erst als eine ältere Französin auf dem Platz auftaucht und zu Tränen gerührt ist, überkommen auch mich die Gefühle und ich vergieße ein Paar Freudentränen. Die allgemeine Begrüßung untereinander ist überschwänglich und wir sitzen noch lange so beisammen auf dem Pflaster vor der Kathedrale.
Wir essen gut in einem Restaurant, schauen dieses Mal auch nicht so aufs Geld, und haben einen schönen geselligen Abend. Wir streifen noch durch die Altstadt und gehen nochmals zur Kathedrale, wo einige unserer Mitpilger ein kleines Happening veranstalten. Schluss endlich entschließen Arlette und ich uns, morgen einen Teil der Strecke zum Kap Finisterre mit dem Bus zu fahren und die restlichen Kilometer, ab dem Dorf Cée zu wandern. Arlette wird in Fisterra übernachten, ich werde abends mit dem Bus zurück fahren nach Santiago, da ich die Nächte dort schon bezahlt habe. Hätte ich einen Tag mehr zur Verfügung, wäre ich doch gerne ganz zum Kap Finisterre gepilgert.